EINMAL UM DEN AGUNG HERUM


Als ich heute morgen um halb sieben aufwache, ziehe ich mich schnell an und gehe hinunter zum Strand, denn eine Deutsche Familie hatte mir erzählt, dass früh morgens bei Ebbe ein Stück des Wracks aus dem Meer ragen würde. Leider ist das nicht der Fall, dafür sehe ich aber einen sehr schönen Sonnenaufgang über dem Meer, dessen goldenes Licht den wolkenfreien Agung orange färbt. Der Gipfel ist meistens schon ab mittags von Wolken verhangen, so dass man nur selten freie Sicht auf ihn hat. 

































Also ergreifen wir die Gunst der Stunde, packen schnell und wollen ohne Frühstück losdüsen, um eine Tour zum Agung zu machen, bevor wir zum nächsten Hotel fahren. An der Rezeption beim Auschecken dann der Schock: Thomas' VISA Card ist verschwunden und ich male mir schon Horrorszenarien von abgeräumten Konten aus. Die Kreditkartenkriminalität in Bali ist leider inzwischen legendär, aber eigentlich spielt sich so etwas hauptsächlich im Süden ab. Nachdem wir auch die unmöglichsten Stellen abgesucht haben, ruft Thomas beim ADAC an und lässt die Karte sperren. Zum Glück ist nichts passiert, denn unser eigener Einkauf bei Hardy's ist die letzte Transaktion und alles ist noch da. Der weise Mann beugt vor, deshalb hat Thomas noch eine weitere Kreditkarte in petto, womit wir die Hotelrechnung bezahlen.

Um zehn Uhr sitzen wir dann im Auto und fahren los in Richtung Agung. In dieser Gegend war bisher eigentlich nie viel los auf der Straße, aber um diese Uhrzeit sind einige LKW unterwegs, die man auf den schmalen kurvigen Straßen nur schwer überholen kann. Eigentlich haben wir es im Urlaub ja nicht eilig, aber wir fürchten, dass sich der Gipfel des Agungs bald wieder hinter Wolken versteckt und vorher wollen wir ihm so nah wie möglich kommen. Einen Teil der Strecke kennen wir schon.  Den sind wir auf dem Weg zum Wasserfall gefahren. Wieder gibt es tolle Aussichten auf die sattgrünen Reisterrassen. An den besonders markanten Punkten hat sich meistens ein kleines Büdchen postiert, wo man Getränke oder Kleinigkeiten zu essen kaufen kann. Ich nehme zwei Tütchen Jackfruit mit, die wir uns im Auto schmecken lassen. 




















Wir fahren durch viele kleine Dörfer und immer wieder sieht man am Straßenrand Tücher ausgebreitet mit Nelkenblüten bedeckt, die in der Sonne zum Trocknen ausliegen. Das kann man auch deutlich riechen. Ungefähr dort, wo es nicht mehr weit zum Wasserfall ist, biegen wir in eine andere Richtung ab und müssen uns wieder in Serpentinen den Berg hinauf schlängeln. Das letzte Stück bis zum Parkplatz des Pura Agung, eines der beiden Tempel, die direkt am Agung liegen, ist am steilsten und an einer Stelle hat das Auto etwas Mühe hochzufahren. Der Parkplatz liegt auf einer Höhe von 1.500 Metern und ist damit einer der höchsten Punkte Balis, die man mit dem Auto erreichen kann.














Die Balinesen glauben, dass der Agung das Zentrum der Welt ist und deshalb sind auch alle Tempel der Insel auf ihn ausgerichtet. Auf den Bergen wohnen die Götter und am Wasser die Dämonen. Deswegen würde auch kein gläubiger Balinese so wie wir direkt am Strand wohnen und schwimmen gehen schon mal gar nicht. Wir haben uns bewusst als Anfahrtspunkt für diesen Tempel entschieden, denn der Pura Besakih befindet sich zwar auch auf ungefähr der gleichen Höhe und soll der heiligste und wichtigste Tempel Balis sein, aber ich hatte auch gelesen, dass er sehr überlaufen sein soll und wir finden es gerade so schön, die Sehenswürdigkeiten nur mit wenigen anderen Menschen teilen zu müssen.

Auf dem Parkplatz angekommen, müssen wir wieder eine Gebühr entrichten und unsere Sarongs anziehen. Eine Begleiterin wird uns an die Seite gestellt. Es sind 300 Stufen bis zum Tor, von dem aus man wieder den Blick in die Tiefe hat. Begibt man sich in die Hocke sieht es so aus, als führe das Tor direkt in den Himmel. 





























Dieser Tempel ist wieder aus dem schwarzen Stein gebaut, wie ich es von allen anderen Tempeln, die ich bisher gesehen habe kenne, mit Ausnahme des Pura Lempuyang. Das schönste ist eigentlich der Blick durch das Tor und die mit Statuen verzierte Treppe zu dem Hauptplatz des Tempels, wo die Zeremonien stattfinden. Und natürlich der Blick auf den Gipfel des Agung und bis zum Meer und auf eine andere Bergkette, die weit entfernt liegt. 



















Von hier aus kann man auch mit einem Guide den Gipfel besteigen. Es werden Touren angeboten, die in der Nacht starten, um bei Sonnenaufgang am Gipfel zu sein. Derr Aufstieg dauert sechs bis acht Stunden, von einer anderen Stelle vier bis fünf. Die gleiche Stundenzahl muss man dann nochmal für den Abstieg rechnen.














Weil wir die selbe Strecke nicht zurück fahren wollen, haben wir eine Route gewählt, auf der wir mehr oder weniger den Agung fast einmal komplett umrunden und dabei auch noch am Mount Batur vorbei fahren. Dieser Vulkan verfügt über eine riesige Caldera, zu der wir in der Vergangenheit schon zweimal hinunter gefahren sind. Man muss sogar wenn man an der Aussichtsstelle auf den See nur vorbei fahren will, eine Gebühr bezahlen, um durch das Tor gelassen zu werden. Eine andere Strecke gibt es nicht für uns. Es ist immer noch wie damals, dass kaum dass man den Fuss aus dem Auto setzt, um auf den See zu schauen, mehrere Verkäufer auf einen zuströmen, um Holzschmuck, Früchte, Postkarten, Schnitzwerk oder schnöden Tand an den Mann zu bringen. Das ist zwar nervig, aber diese Menschen versuchen ja nur, ihr Auskommen zu bestreiten, also immer schön freundlich und nett Nein Danke sagen oder etwas kaufen. In diesem Falle sind es für uns Tamarillos und Schlangenfrucht, die wir so gern essen. Seit unserem letzten Besuch 2011 hat sich ganz schön viel angesiedelt, um den Touristenstrom finanziell abzuschöpfen. Ob man dem immer noch entkommt, sobald man zur Caldera hinunter fährt, weiß ich nicht, denn das sparen wir uns heute.


















Hier oben am Kraterrand befinden wir uns auf gut 1.600 Metern und es ist vermutlich der höchste mit dem Auto erreichbare Punkt Balis. Wir machen einen letzten Stop an der Stelle, wo man noch immer den breiten schwarzen Streifen der heruntergeflossenen Lava sehen kann.  














Dann geht es wieder ewig bergab durch unzählige Dörfer, bis wir im Nordosten das Meer erreichen. Von dort aus ist es nicht mehr weit, bis wir unsere neues Hotel erreichen, wo eine 130 qm Villa mit drei Zimmern zum selben Preis wie der Bungalow in Candidasa auf uns wartet. Ich kann nur immer wieder empfehlen, ohne feste Buchungen loszufahren, denn vor Ort werden die Preise für die Unterkünfte in der Regel oft bis zur Hälfte reduziert. Wir beziehen die geschmackvoll eingerichtete Villa Saraswati mit einer großen schönen Holzterrasse mit Esstisch, Liegen und gemütlichem Sofa. Das Wohnzimmer ist riesig und verfügt über eine komplett eingerichtete Küche. Oben sind die beiden Schlafzimmer mit Balkon und wir haben ein großes Bad und eine zusätzliche Toilette. 


































Auch die gesamte Anlage ist sehr schön mit vielen Bungalows. Ich glaube wir haben eines der größten Häuser hier. Dieses Hotel hatte Thomas gefunden, als er im Internet ein Hotel mit den besten Bewertungen auf Bali gesucht hat und dieses hier ist eines, das hat 100 Prozent Weiterempfehlung und ist auch auf vegetarisch/vegane Ernährung eingestellt. Vielleicht bekomme ich hier endlich mal ein anständiges Frühstück. Auch für Yoga interessierte ist es interessant, denn es gibt Kurse und einen Meditationsraum.






















Nach der langen Fahrt wollen wir nicht schon wieder ins Auto, sondern essen im Hotelrestaurant direkt am Meer. Hier soll es auch ein Riff geben, zu dem wir morgen schwimmen wollen, um dort zu schnorcheln. Dann machen wir es uns auf unserer schönen Terrasse gemütlich und verlassen das Hotel nur noch einmal kurz am Abend, um essen zu gehen. Auch die Wahl des kleinen Warungs direkt am Meer ist ein Glückstreffer, denn das Essen ist lecker und die Bedienung sehr freundlich. Ganz im Gegensatz zu der im "Warung Mucksch" in Candidasa wie Nico so treffend bemerkt. 








An unserem Esstisch auf der Terrasse spielen wir endlich Munchkin, denn dafür braucht man einiges an Platz, um die ganzen Karten auslegen zu können.

Dies ist inzwischen unsere vierte Unterkunft in Bali und wir sind nun seit fast einer Woche hier. Es ist für uns alle sehr schön, wieder da zu sein. Alle unsere Unternehmungen und auch die ganz neuen Seiten Balis gefallen uns allen sehr gut und wir fühlen uns sauwohl. Meine Vorbehalte gegen eine erneute Reise nach Bali, haben sich komplett in Luft aufgelöst.

Am nächsten Tag gehen wir gemütlich frühstücken bei entspannter Atmosphäre mit Blick auf das Meer. Nun haben wir zum ersten Mal auf dieser Reise ein Frühstücksbuffet. Es ist nicht riesig aber es gibt viele leckere Sachen für mich. Frisch gebratenes Gemüse, einen köstlichen Linsen-Ananas-Curry-Dip, eine Art Milchreis mit Mungobohnen und Kochbanane in Kokosmilch gekocht und, wie nicht anders zu erwarten von einem Hotel unter Deutscher Leitung, richtiges Brot. Das brauche ich normalerweise im Urlaub nicht, aber heute esse ich damit den Dip und die selbstgemachte Tamarillomarmelade. Hier im Holiway Garden sind soweit ich das beurteilen kann, fast nur Deutsche Touristen und die meisten kommen sicherlich wegen Yoga und der Meditationen. 

Danach begeben wir uns mit unserer Schnorchelausrüstung zum Strand hinunter, der auch hier, wie an der gesamten Ostküste, aus dunklen Steinen besteht. Die Hotelleitung hat allerdings einen komfortablen Einstieg an den Strand setzen lassen, so dass man sich festhalten kann, wenn man mit den Flossen an den Füßen ins Meer geht. Das ist sehr nützlich, denn die Wellen sind hier stärker als in Tulamben. In unmittelbarer Nähe des Strandes befindet sich das Korallenriff, aber leider gibt es hier nicht so viele Fische, im Gegenteil, sie treten fast ausschließlich vereinzelt auf und man muss sie regelrecht suchen. Nur zwei oder drei Minischwärme mit Minifischen kann ich ausmachen. Allerdings gibt es dafür hier die unterschiedlichsten Korallen, da das Riff noch nicht zerstört ist.

Thomas, der tiefer taucht, erzählt mir, dass je tiefer man kommt, desto bunter werden die Farben. Ich sehe zumindest sehr viele verschiedene Formen von Korallen in unterschiedlichsten Größen mit Auswüchsen oder flächendeckenden Strukturen und viele von den langarmigen blauen Seesternen. An dieser Stelle der Ostküste scheint der Seegang etwas stärker zu sein, denn wir wurden ganz schön hin und her geschaukelt und immer wieder schwappte Wasser in den Schnorchel rein, was ich recht lästig fand. Der Ausstieg war dann auch sehr unerfreulich,weil wir dabei ganz schön hin und her gebeutelt wurden, so dass Nico zunächst einmal die Schnautze voll hatte vom Schnorcheln. 

Bevor es zum Mittagessen geht, sammeln wir unsere gesamte Wäsche von der ersten Woche ein und verfrachten sie zu der erst besten Wäscherei des Ortes. Die Betreiberin ist eine liebenswürdige kleine Person, die sogar ziemlich gut Englisch spricht, so dass die Verständigung kein Problem ist und sie verspricht, dass alles bis zum Abend fertig sei. Da ich weiß, dass in Bali die Wäsche nach Stüchkzahl und Kleiderart gezählt wird, haben wir im Hotel bereits alles vorsortiert, so dass sie nur noch zählen muss. Sie fragt uns noch, ob wie die weiße Wäsche gebleicht und "Parfum" haben wollen. Wie gut dass sie fragt, denn mit beidem haben wir sowohl in Thailand als auch in Bali bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Sie händigt uns den Abholzettel aus und der ganze Haufen soll gerade Mal 6 Euro kosten. Das ist absolutes Rekordtief bisher.

Wir fahren weiter zum "Cili Ema" einem Restaurant am Strand, das eigentlich zu einer kleinen Bungalowanlage gehört, aber mein findiger Mann hatte mal wieder herausgefunden, dass es hier einiges pflanzliches zu Essen für mich gibt. Die Anlage liegt direkt neben einem kleinen unscheinbaren Tempel, dessen kleine Wächter neben dem Eingang es mir aber sofort wieder angetan haben. Diese wilden Kerle mit ihren schwarz-weiß karierten Röcken bewachen nicht nur die Eingänge von Tempeln, sondern oft auch von Häusern, die im Balinesischen Stil errichtet sind und von etwas mehr Wohlstand zeugen.

















Seltsamerweise scheint es mittags keine richtigen Hauptspeisen außer Mie und Nasi Goreng zu geben. Ich nehme die Nudeln und einen Salat noch dazu. Die Männer entscheiden sich ebenfalls für Salat  und das Essen ist nicht nur eine Freude für die Augen.













Während wir so beim Essen sitzen, hören wir dauerhaft und fast durchgehend den ganzen Tag lang von einem weiter entfernten Tempel einen monotonen kehligen Gesang zu uns herüber klingen. Auf dem Rückweg zum Hotel sehen wir auf der Straße viele festlich gekleidete Menschen, einige Frauen tragen Opferschalen und hier und da sieht man Menschenansammlungen vor den Tempeln. Es scheint heute einer der vielen religiösen Festtage auf Bali zu sein, an denen die Gläubigen ihre Zeremonien verrichten. Wir kommen auch an einem Fussballstadion vorbei, in dem ein Spiel stattfindet und das trotz der Hitze gut besucht ist. Es scheint sich um ein regional wichtiges Spiel zu handeln, denn ein Stadionsprecher kommentiert das Geschehen lautstark über einen Lautsprecher. Diese doppelte Geräuschkulisse verfolgt uns bis auf unsere Terrasse im Hotel. Wir befinden uns inmitten einer schrägen Kakophonie von weltlicher Unterhaltung einerseits und religiöser Hingabe andererseits. Da beides aber eher im Hintergrund zu hören ist, empfinde ich das nicht weiter als tragisch sondern akzeptiere es als bemerkenswerte Gegebenheit an diesem Ort.



Später gehen Nico und ich in den Pool. Er ist angenehm warm und ein Biopool, das heißt er wird ohne Chlor gereinigt. Das geht wohl bis zu einer bestimmten Anzahl von Gästen, wie mir erzählt wird. Werden es mehr, muss dann doch Chlor eingesetzt werden.
 

Vor dem Abendessen können wir unsere Wäsche abholen und alles ist tadellos. Wir runden sehr großzügig auf und fahren zufrieden weiter zu unserem letzten Abendessen an diesem Ort im "Villas Tejakula". Hier wird alles frisch zubereitet mit Zutaten, die ausschließlich saisonal in der Region eingekauft werden und auf Anfrage werden auch Sonderwünsche gern erfüllt, wie zum Beispiel das Gemüsecurry, das ich mir bestelle. Es wird ein sehr lustiger Abend und endlich kommt mal mein Selfiestick zum Einsatz, den ich bisher nur doof mit mir rumgeschleppt habe und den wir nun auch nur für Blödelbilder benutzen. Morgen geht es schon wieder weiter zur nächsten Station der Reise.



 



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