PRASLIN - VALLÉE DE MAI


Nach dem Frühstück werden wir an Land gebracht und fahren wieder grüppchenweise in kleineren Bussen zum Vallée de Mai, dem Tal, in dem die sonderbare Coco de mer oder auch Seychellennuss genannt wächst, die in ihrer Form dem weiblichen Becken gleicht und auf uralten Palmen gedeiht. Es handelt sich dabei um den schwersten Samen der Pflanzenwelt, der zwischen 15 und 30 Kilogramm auf die Waage bringt und von dem man jahrhundertelang glaubte, er wüchse unter Wasser - daher auch der französische Name, der Kokosnuss des Meeres bedeutet. 

Mit unseren jeweiligen Guides laufen wir ungefähr eine Stunde durch diesen Palmenwald, der etwas seltsam anmutet, da hier ausschließlich Palmen zu wachsen scheinen. Auch am Boden, wo man in anderen Urwäldern vielerlei Pflanzenarten zu sehen bekommt, sieht man hier nur die Schösslinge und Emporkömmlinge von Palmen, ausgewachsene Bäume oder abgestorbene. Dazwischen windet sich ein mit Wurzeln überwachsener Pfad an dem entlang wir die Eigenheiten dieser sonderbaren Pflanze gezeigt und erklärt bekommen.















 







Da ich den sehr interessanten Vortrag über die Coco de Mer nicht behalten habe, setze ich hier mal einen Auszug aus der Welt rein, der das sagenumwobene und märchenhafte dieser Pflanze und des Waldes sehr schön widergibt:
 
"In stürmischen Nächten, wenn niemand wagt, in den Wald zu gehen, soll es passieren: Die Meeresnusspalmen feiern Hochzeit. Dann paaren sich die männlichen Palmen, deren Blütenstand aussieht wie ein meterlanger Penis, mit den weiblichen Palmen, ihre Samen gleichen einem mächtigen Frauen-Schoß. Wer dabei zusehe, so heißt es, müsse sterben. Was an diesen stürmischen Nächten im Wald passiert, weiß tatsächlich niemand. Ist es der Wind oder sind es Eidechsen und Insekten, die bei der Befruchtung helfen? "Wir arbeiten jetzt wissenschaftlich daran, es herauszufinden", sagt Biologin Frauke Fleischer-Bogley im Vallée de Mai, dem geheimnisvollsten Urwald der Welt.











Nur hier, im Herzen der Seychelleninsel Praslin, ist der Dschungel der legendären Coco de Mer aus einer Zeit übrig geblieben, als die Erde noch nicht von Menschen bewohnt war. Kreuz und quer im Dickicht riesenhafter gefächerter Blätter, die wie ein Dach vor Sonne und Regen schützen, strecken sich die schlanken Meeresnusspalmen senkrecht in die Höhe. An einem der Stämme hängen herzförmige, kürbisgroße Nüsse dicht gedrängt wie Trauben herab. Sie werden erst mit 20 Jahren ausgewachsen sein, wenn sie zum ersten Mal blühen. Erst dann können die bis zu 18 Kilo schweren Nüsse befruchtet werden." Sie sind die größten Samen im Pflanzenreich. Wenige Meter weiter ist im Blattwerk einer männlichen Palme das herausragende Gebilde eines Blütenpenis zu sehen. Das knapp 20 Hektar große Hochtal wurde zum Schutz der urzeitlichen Seychellenpalme 1966 Nationalpark und gehört seit 1983 zum Weltnaturerbe der Unesco.
 
Nur hier auf der Granitinsel Praslin und der kleinen Schwesterinsel Curieuse wächst die Coco de Mer. Ozeanische Granitinseln wie auf den Seychellen findet man sonst nirgendwo auf der Welt. Und auch der lange und langsame Lebenszyklus der Meeresnuss macht sie zu etwas ganz besonderem. Es dauert allein Monate, bis sie am Boden zu keimen beginnt und länger als ein Jahr, bis sich das erste Blatt entfaltet. Jedes neue Blatt braucht wiederum ein Jahr. Es heißt, dass ein Meerespalmenbaum 800 Jahre alt werden könne. Das sei wissenschaftlich aber nicht belegt, meint die Biologin. Die älteste Palme im Vallée de Mai, 27 Meter hoch, sei 300 Jahre alt.
 
Jahrhunderte lang war die Herkunft der wundersamen Riesenfrucht mit den sinnlichen weiblichen Formen unbekannt. Die Bewohner der Malediven fanden sie angeschwemmt am Strand. Seeleute aus Europa und China sammelten sie an den Küsten Indiens, Indonesiens und Südafrikas auf. Der portugiesische Weltumsegler Ferdinand Magellan berichtete bereits um 1520 von schwimmenden Nüssen, die an einem riesenhaften Baum auf dem Grunde des Meeres wüchsen. Manchmal sei die Baumkrone in flachen Buchten vor der javanischen Küste sogar sichtbar, aber wenn man hinuntertauche, verschwinde sie sofort. Umso begehrter war die sagenhafte Nuss bei den Reichen und Mächtigen der Welt. Die Briten sollen damals eine Coco de Mer für 400 Pfund Sterling gehandelt haben, was heute geschätzten 70.000 Euro entspricht. In Japan galt die Frucht als heilig. Dem in Prag residierenden Kaiser Rudolf II. von Habsburg, Haupt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, soll eine Meeresnuss sogar 4000 Goldflorin wert gewesen sein, um sie seiner Erotik-Sammlung einzuverleiben. Die Sultane der Malediven jedenfalls wurden reich.

Wie muss es wohl für Brayer du Barré gewesen sein, der 1768 als erster im Innern der Insel in den unberührten Dschungel vordrang und die sagenumwobene Coco de Mer entdeckte? Der französische Landvermesser war natürlich hellauf begeistert. Vor allem, weil er sich auf die gigantischen Einkünfte freute, die ihm die Nüsse bringen würden. Er brachte sogleich 30 der kostbaren Samen an Bord und kehrte im Jahr darauf mit einem größeren Expeditionsschiff zurück, um die Schatzkammer im Dschungel von Praslin zu plündern. Ein rauschhafter Handel zwischen den Kontinenten begann, und es grenzt an ein Wunder, dass die Seychellenpalme nicht ausgerottet wurde. Immerhin erhob ein britischer General namens Charles Gordon warnend seine Stimme, wenn auch eher aus religiösen Gründen. 1881 legte er in einer Schrift dar, dass es sich bei der urzeitlichen Palme um den "Baum der Versuchung" handele, wo Adam von Eva mit den erotischen Früchten in der Form eines weiblichen Beckens verführt worden sei. Er fertigte eine Karte an, wonach der biblische Garten Eden sich über den Indischen Ozean bis zu den Seychellen zog. Und das Zentrum des Paradieses bildet der mythische Wald auf der Insel Praslin.
 
Heute führen verschiedene Pfade und Rundwege durch diesen Märchenwald, der mit 5000 Meeresnusspalmen und weiteren fünf typischen Palmenarten der Seychellen nichts von seiner geheimnisvollen Ausstrahlung verloren hat: Im Dämmerlicht des Dschungels legt der endemische Schwarze Papagei seine Eier in umgestürzten Palmenstämmen ab. Manchmal hört man das Geschrei des Dickschnabelbülbüls. Mit ein bisschen Glück läuft einem ein kleiner Tenrek über den Weg, der aussieht wie eine seltsame Mischung aus Ratte und Igel. Erst kürzlich hat ein Waldarbeiter eine neue Froschart entdeckt, den braunschwarzen fingernagelgroßen Soglossid. Angst braucht man in diesem wilden Dickicht zum Glück aber nicht zu haben. Gefährliche oder giftige Tiere gibt es hier nicht". 
(Die Welt 22.06.2012)









Nach dem Marsch durch den Palmenwald, besteigen wir wieder die Busse. Da unsere Boote den Standort gewechselt haben, werden wir an einer anderen Stelle von unseren Beibooten abgeholt. Dadurch sehen wir einen weiteren wunderschönen Strand von Praslin, an denen es hier nicht zu mangeln scheint. 








Nach dem Mittagessen zurück auf unseren Booten verdauen und chillen wir an Deck auf dem Riesensofa oder vorn am Bug. Wir haben ja Platz ohne Ende. Für den Nachmittag ist dann eine Gruppenbespaßung geplant, für die wir wieder an Land gebracht werden, an einen weiteren sehr schönen Strand. Hier ist der Sand so fein wie Mehl, das habe ich so noch nie gesehen. Auf meine Nachfrage hin wird mir mitgeteilt, dass das wahrscheinlich kein normaler Sand, sondern der Abrieb von Korallen ist, was erklären würde, dass er so fein und hell ist.









Dann werden alle Leute in 6 Gruppen aufgeteilt und sollen aus Pappe, Plane, Klebeband und zwei Holzstäben jeweils ein fahrtüchtiges Boot bauen, das sich dann bei einer Probefahrt bewähren soll. Wie das Ganze zu bewerkstelligen ist, bleibt den Gruppen und ihrem Erfindungsgeist überlassen. Ich bin nicht so der Fan solcher Aktivitäten, deswegen setze ich mich lieber in den Sand und schaue dem emsigen Treiben zu. Die Präsentationen der Boote und deren mit einer Ausnahme kläglichem Scheitern auf dem Wasser sind dann doch ziemlich lustig anzusehen. 

 









Als es anfängt zu dämmern, kehren wir auf unsere Boote zurück. Zum Abendessen gibt es heute unter anderem frischen Fisch, den die Jungs von der Crew tagsüber selbst fangen, indem sie während der Fahrt einfach hinten eine Angel raushängen und nach einer Weile zappelt dann ein Fisch daran. Die Fischesser unter uns sind natürlich ganz begeistert davon. Viel frischer geht es ja gar nicht mehr und unser Koch ist auch ein Meister seines Fachs.


 


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