Nachdem wir zwei Tage lang das Hotel für uns allein hatten, kommen
nun nach und nach Indische Gäste. Es ist komisch zu sehen, dass sie mit
dem Hotelpersonal Englisch sprechen, aber das liegt an den vielen
verschiedenen Sprachen. Einer von uns hat schlimme Zahnschmerzen
bekommen. Der Arzt, der das Ajurveda Zentrum gegenüber betreibt, fährt
für uns ins Dorf, um Schmerzmittel zu besorgen. Aus diesem Grund
verzichten wir auch auf das Bootrennen, das an diesem Samstag
stattfindet. Das fällt uns auch nicht allzu schwer, denn Abhilash
erzählt uns, dass es dort dermaßen voll ist, dass er selbst das Event
lieber im TV verfolgt. Für Karten für die begehrten Plätze auf den
Zuschauerbooten, die ganz nah am Geschehen dran sind, ist es auch viel
zu spät. Sollten wir noch einmal kommen, dann wissen wir vieles mehr.
Nun
buchen wir auch endlich unser Hausboot für die Tour durch die
Backwaters am Montag. Das hatten wir beim ersten Besuch hier verpasst,
weil es in den letzten Tagen zu viel geregnet hatte. Wir bekommen eins
für uns allein mit zwei Schlafzimmern, Vollverpflegung und Aircondition
für umgerechnet 125 Euro. Da kann man nicht meckern. Am Pool lernen wir
eine Indische Familie mit zwei Söhnen aus London kennen. Ich unterhalte
mich gut mit der Mutter und Nico beschäftigt sich mit dem älteren im
Wasser. Er lernt Deutsch in der Schule und seine Mutter würde es
begrüßen, wenn Nico sich mit ihm unterhalten würde.
In der Stadt
geben wir zwei volle Tüten mit Wäsche ab. Montag soll sie fertig sein.
Ich hoffe, dass unsere Klamotten nicht wieder mit einem Kugelschreiber
gekennzeichnet werden. Nach dem Mittagessen gurken wir zum Vergnügen ein
wenig durch die engen kurvigen Gassen mit ihren tiefen Schlaglöchern
und amüsieren uns über die Plakate auf denen verschiedene
Behandlungsmethoden abgebildet sind. Die Fußmassage ist nicht für den
Fuß sondern wird mit dem Fuß gemacht. Es sieht eher so aus als würde
einer, der am Boden liegt getreten. Die Indo-Thai Massage sieht aus, als
würde einer in den Schwitzkasten genommen und toll ist auch der Sarg,
in den einer umwickelt mit Grünzeug gesteckt wird. OK, wir haben keine
Ahnung von Ayurveda. Bestimmt ist es ganz toll. Nico wundert sich nur
darüber, dass man für eine solche Behandlung auch noch bezahlen muss.
Am
Abend gibt es extrem viele Mücken, das finden auch die Inder, die von
den Mistviechern bei weitem nicht so stark belästigt werden wie wir.
Kurz darauf komme ich mir vor wie in der Kirche. Bikasch kommt mit einem
qualmenden Weihrauchschwenker zu unserem Cottage und wedelt ihn durch
unsere Terrasse. Ein wenig hilft es sogar. Im Dunkeln gehen wir in den
Pool. Dabei können wir viele Flughunde und Fledermäuse beobachten, die
über uns ihre Kreise ziehen. Weil sowohl Sajin als auch Sandeep bei
ihren Familien sind, ist es bei uns heute sehr ruhig, deshalb spielen
wir am Abend Munchkin. Für Morgen haben haben wir uns zum Kino
verabredet.
Heute Mittag fahren wir an der Küste entlang durch ein Dorf auf einer
sehr schmalen Landzunge. Links die Backwaters und rechts das Meer. Die
Häuschen sind alle schön bunt angemalt in verschiedensten Farben, es
gibt sogar eine relativ große Kirche. Man winkt uns fröhlich zu. Wir
erreichen die Stelle, wo der Fluss ins Meer mündet. Hier wurden große
Felsen und riesige Wellenbrecher aufgetürmt, um die Wut der Wellen zu
bremsen. Sie knallen auf die Barriere, dass es meterhoch aufschäumt. Das
scheint auch für viele Inder eine Attraktion zu sein, denn es herrscht
ein reges Kommen und Gehen, auf der anderen Seite ebenso, dort versuchen
einige Leute zu angeln. Zwei Männer wollen sich unbedingt mit uns in
den verschiedensten Konstellationen fotografieren. Dann wird es sogar
uns zu viel. Weil wir vor dem Kino noch essen gehen wollen, fahren wir
zurück.
Im Zentrum der Stadt hört man auf der ganzen Hauptstraße
"Nama Shivaja" Gesang und auf dem Kreisverkehr wurden unzählige
gelb-rote Flaggen aufgestellt. Dies ist zu Ehren Shivas und wird zehn
Tage lang andauern. An jedem einzelnen Tag werden Pujas für die zehn
verschiedenen Charaktere, die Shiva verkörpert, abgehalten.
Viertel
vor sechs fahren wir mit Abhilash und Sandeep, die sich zu Nico auf die
Rückbank quetschen, nach Attingal ins Kino. Wir sehen einen Film, der
in Cochin gedreht wurde, also hier in Kerala spielt. Es ist eine Komödie
und wir verstehen das meiste, der Rest wird uns erklärt. Als der Held
seinen ersten dramatischen Auftritt hat, wird im Kino laut gejohlt und
gepfiffen. Es wird oft laut gelacht, Babies heulen, lautes
Tütengeraschel hinter uns und in der Pause gibt es Chai und Popcorn. Im
Gegensatz zu den Bollywood-Filmen gibt es keine Tanzszenen aber trotzdem
gute Musik zur Untermalung. Die Karten kosten fast nichts. Vier Euro
für uns alle.
Auf der Rückfahrt stöpseln wir Nicos MP3 Player ein
und spielen Bayrische Blas- und Zithermusik mit Jodelgesang. Abhilash
und Sandeep schlagen sich im Takt auf die Schenkel und versuchen sich im
Jodeln. Zur Feier des Tages legt Thomas dann seinen Doti, der hier
Mundu genannt wird, an und sogar die Polizisten, die zu einer Stipvisite
ins Hotel kommen, finden dass er super damit aussieht. Mit einem
Bettlaken demonstriert Abhilash die verschiedenen Arten, den Mundu zu
tragen. Die Regierung von Kerala hat übrigens angeordnet, dass jeder
Einwohner mindestens einmal in der Woche den Mundu tragen soll, um die
Tradition aufrecht zu erhalten. Abhilash will dafür sorgen, dass alle am
Dienstag einen tragen. Da können wir ein schönes Gruppenphoto machen,
hehe.
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