Als ich am Morgen aufstehe, schüttet es wie aus Eimern und ich denke
schon na toll, wird wieder nichts mit Hausboot. Es lässt dann aber nach
und hört schließlich ganz auf. Vor unserer Tour holen wir noch schnell
unsere Wäsche ab. Zum Glück wird die Kleidung nicht mehr mit dem
Kugelschreiber gekennzeichnet, sondern mit einem Bindfaden werden
beschriftete Stoffstückchen befestigt, die die Wäschereifrau vor der
Übergabe noch schnell mit der Schere abschneidet. Wir fahren nach Kollam
und wären auch pünktlich gewesen, wenn nicht zunächst die Hauptstraße
gesperrt gewesen und dann eine Bahnschranke direkt vor uns geschlossen
worden wäre. Da kommt es zum totalen Verkehrsstau, weil sich noch in
jedes kleinste freie Plätzchen die Tuk Tuks und Mopeds rein quetschen.
Der Kontaktmann erwartet uns schon und bringt uns zu unserem Hausboot.
Es ist aus Holz und der Aufbau aus geflochtenen Palmwedeln. Wir haben
einen Steuermann, einen 'Butler' und einen Koch, auf dem Vorderdeck
einen großen Esstisch, ein kleines Sofa, zwei Korbstühle und auf den
Seitenbänken liegen Matten und Sofarollen. Alles ist sehr einfach aber
ausreichend. Im Klo gibt es kein Waschbecken und die Klospülung
funktioniert nicht. Dafür gibt es einen Eimer mit einem Schöpfbecher. In
den Schlafzimmern haben wir sogar eine Klimaanlage.
Wir tuckern
zunächst durch den breiten Flussarm, dessen Wasser sich schon mit
Meerwasser vermischt. Kaum fahren wir los, fängt es wieder an zu regnen.
Später biegen wir ab in einen schmaleren Seitenarm. Das ist nun ein
echter Süßwasserfluss. Um halb zwei wird uns vom Koch das Essen
serviert. Es gibt Okraschoten, grüne Bohnen, eine pikante Rote Bete
Paste, Dhal (das Indische Linsengericht), mit Kokosflocken gebratener
Kohl, Reis, Papadam und Fisch. Alles sehr lecker. Wir bemühen uns
redlich, alles aufzuessen, schaffen es aber nicht ganz. Zum Nachtisch
wird eine Ananas aufgeschnitten. Der Motor unseres Hausbootes ist sehr
leise, so können wir die Idylle um uns herum in Ruhe genießen. Der Regen
hört auch wieder auf, aber es bleibt bedeckt.
Am Startpunkt in
Kollam sieht man viele Fischkutter und die für diese Gegend typischen
Chinesischen Fischernetze. In den kleineren Seitenarmen sind die Ufer
gesäumt von Kokospalmen. Fischer sind hier in Kanus unterwegs und es
gibt kleine Fähren und Kanus, die Menschen, Mopeds und den Schulbus auf
die jeweils andere Seite transportieren und einige wenige Hausboote.
Reiher und andere schwarze Vögel sitzen am Ufer oder fliegen auf, wenn
wir sie passieren. Schulkinder gehen nach Hause. Es ist richtig schön,
einfach nur da sitzen und raus schauen und das Treiben am Ufer und auf
dem Fluss und die Natur zu beobachten. Wenn man in Indien unterwegs ist,
dauert es auch nie lange, bis von irgendwo her Musik ertönt.
Tempelgesang, Flötenmusik oder Musik aus dem Radio. An einer Stelle
legen wir an, damit unser 'Butler' das für Thomas per Handy bei einem
Tuk Tuk Fahrer in Auftrag gegebene Bier entgegen nehmen kann. Weil die
Lizenz für den Alkoholausschank in Indien sehr teuer ist, muss das so
gemacht werden. Privatleute dürfen sich Alkohol "mitnehmen". Auch im
Deshadan sind immer nur vier, fünf Bier vorrätig, die man als
Eigenbedarf deklarieren kann.
Bald darauf gibt es Masala Chai und frittierte Bananen. Beides auch
sehr gut. Wenn das so weiter geht, werden wir vom Schiff runter rollen.
Weil Nico zu verstehen gibt, dass das sein absoluter Lieblingstee ist,
bekommt er gleich noch ein Extraglas. Wir werden leider nicht gefragt.
Dann steigen wir um in ein Kanu und werden von einem "Gondolieri", der
es mit einer langen Stange antreibt, durch die ganz schmalen, zum Teil
nur etwa drei Meter breiten Kanäle geschippert. Zunächst geht es durch
das Dorf, dann durchs Hinterland, wo die Kultur nur noch an einigen
künstlich angelegten Fisch- und Garnelenzuchtteichen zu erkennen ist.
Die kleinen Brücken über die schmalen Wasserwege sind zum Teil so
niedrig, dass wir uns ganz ins Kanu ducken müssen, um uns nicht den
Schädel anzuschlagen. Wir sehen sogar drei Kingfischer, deren blaues
Gefieder so schön glänzt und die das Etikett des Indischen Kingfisher
Bieres zieren. Bei einem kurzen Stop wird uns gezeigt, wie man aus
Kokosfasern Seile dreht.
Pünktlich um halb sechs kommen die
Mücken, aber wir hatten wohlweislich vorausschauend Autan eingepackt,
sonst wären wir heillos verstochen worden. Zurück im Hausboot geht es
nur noch auf die andere Flusseite, wo wir für die Nacht festmachen,
direkt an der Stelle, wo der Fährmann unermüdlich die Leute übersetzt.
Auch noch als es schon stockfinster ist. Das Boot wird extra gedreht,
damit wir von unseren Zimmerfenstern aus auf den Fluss sehen können. Die
Grillen zirpen in der Abenddämmerung, alle möglichen Vogellaute und
Frösche sind zu hören, hin und wieder bellt ein Hund und langsam gehen
ein paar Lichter am Ufer an und natürlich wird ab und zu gehupt.
Um
halb neun gibt es Abendessen und der Tisch ist noch reichlicher gedeckt
als am Mittag. Es gibt: Chicken Masala und gebratene Hühnerbeine,
Gemüsecurry, eine Art Raita, irgendwie zubereitete Minigurken,
Cartoffelcurry, eine helle Gemüsecreme, Chapatis und Reis. Um dem Koch
eine Freude zu machen, geben wir alles, aber wir schaffen es nicht, die
Schüsseln leer zu essen.
Anschließend sitzen wir ächzend und stöhnend in
unserem offenen Wohnzimmer und blicken in die Dunkelheit. Es herrscht
ein lang anhaltender Stromausfall. Wir werden erstaunlicher Weise kaum
von Mücken belästigt und das obwohl wir uns auf dem Wasser befinden.
Gegen zehn Uhr haben wir das Gefühl, dass die Crew sich gern auf die
gepolsterten Bänke zum Schlafen legen würde, deshalb räumen wir das Feld
und gehen auch ins Bett. Als Nico abschließend ins Klo geht, saust eine
fette, circa sechs Zentimeter lange Kakerlake über den Boden. Thomas
kommt mit dem Insektenschröter und macht ihr den Garaus. Das hat aber
eine Weile gedauert. Als ich hinein gehe entdecke ich zwei weitere aber
viel kleinere und auch die müssen dran glauben. Dann gehen wir beruhigt
schlafen, verriegeln aber sicherheitshalber die Tür zur Nasszelle.
Um
halb sieben wache ich auf. Auf dem Boot wird bereits rumort, um es
bereit zur Abfahrt zu machen und der Koch werkelt in der Küche um Chai
zu kochen. Die Fischer und der Fährmann sind mit lauten Rufen bei der
Arbeit. Die Wolken haben sich verzogen und die Morgensonne taucht alles
in ein warmes Licht. Am Steuer glimmt ein Räucherstäbchen als Opfergabe
für eine gute Rückfahrt. Um halb acht legen wir ab und bekommen auch
gleich unseren Chai serviert. Diesmal drei Tassen für jeden! Es ist
herrlich ihn auf unserer überdachten Terrasse mit Blick auf das
Geschehen am Ufer zu genießen. Wir sehen Muscheltaucher, Fischer in
ihren Kanus, Menschen, die sich und ihre Kühe im Fluss waschen und auch
der Fisch wird um diese Uhrzeit schon verkauft und von den Tempeln
ertönen die Gebetsgesänge. Bald erreichen wir den Teil, der aussieht wie
ein großer See und dann gibt es auch schon Frühstück. Pfannkuchen und
dazu eine Mischung aus Bananen, Kokosflocken und Zucker, Omelettes und
eine aufgeschnittene Ananas. Wir genießen das letzte Stück der Fahrt und
legen dann pünktlich um halb zehn an. Eine Stunde später sind wir
zurück im Hotel.
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