Jetzt haben wir doch tatsächlich mal fünf Tage am Stück gefaulenzt!
Ganz ungewöhnlich für uns aber das war zur Abwechslung auch mal schön
und wir hatten ja immer Gesellschaft, Unterhaltung und gutes Essen.
Während der letzten drei Tage war fast unablässig ein gleichbleibender
Singsang vom nahe gelegenen Tempel zu hören gewesen. Auf meine Nachfrage
erfahre ich, dass es besondere Tage waren, an denen das gesamte
Ramajana gesungen wurde. Dabei handelt es sich um das berühmte
Jahrhunderte alte Epos um Rama und Sita. Sita wird vom bösen
Dämonenkönig nach Lanka entführt und Rama muss sie mit Hilfe von Hanuman
und seinen Kriegern aus dessen Händen befreien. Dabei gibt es viele
Irrungen und Wirrungen. Am Ende ist sie zwar gerettet, aber man glaubt
ihr nicht, dass sie dem Dämonenkönig gegenüber standhaft geblieben ist.
Deshalb wird sie mit ihren Kindern verbannt. Dass sie aber tatsächlich
unschuldig ist und dies in einer besonderen Prüfung auch beweisen kann,
spielt dabei keine Rolle. Ganz schön fies! Ich habe das Buch gelesen und
weiß deshalb, dass es eine Weile dauert, bis man alle Verse durch hat.
Eines
Abends nimmt Sandeep Nico auf seinem Motorrad auf eine kleine
Spritztour mit. Das ist in Varkala ungefährlich, denn erstens gibt es in
diesem Teil des Dorfes kaum Verkehr und zweitens schon gar nicht am
Abend. Eigentlich sollten sie zehn Minuten später wieder da sein, aber
es dauert eine ganze Stunde. Dummerweise hatte Sandeep auch sein Handy
zum Dart spielen rausgelegt und war somit nicht erreichbar. Als Thomas
und Sajin sich gerade mit dem Roller auf den Weg machen wollen, um sie
zu suchen, kommen sie zurück. Da auch Sandeeps Angestellte sein Motorrad
mitbenutzen und das Ding keine Tankanzeige hat, weiß er nicht, wann der
Sprit alle ist. Das passiert ausgerechnet bei dieser Fahrt. Er
beauftragt einen Tuk Tuk Fahrer, ihm Benzin von der nächsten Tanke zu
holen und kauft Nico für die Wartezeit ein Wasser. Er befürchtet auch,
dass wir deswegen sauer auf ihn sind, aber solche Dinge passieren nun
mal in Indien.
Gestern haben wir Abhilash bescheid gesagt, dass
wir ab heute gern ein Auto hätten und siehe da: noch bevor Thomas
aufgestanden ist, steht es schon vor der Tür. Es ist kein großes Auto,
aber es hat Sicherheitsgurte, es regnet nicht rein und die Vorderlichter
scheinen da hin, wo sie sollen. Jetzt wissen wir auch, was es mit dem
Mieten hier in Kerala auf sich hat. Es scheint tatsächlich so zu sein,
dass offizielle Autovermietungen nicht an Ausländer verleihen dürfen.
Anders sieht es aus, wenn man privat mietet. In unserem Fall leiht das
Hotel den Wagen aus und stellt ihn uns zur Verfügung. Wenn wir das
vorher gewusst hätten, wäre uns eine Menge Ärger und Unbill erspart
geblieben.
Unsere erste Tour führt uns nach Trivandrum. Wir
erkennen vieles wieder, finden aber das große Shopping Center nicht.
Also gehen wir in ein kleines. Wir kaufen uns einen dicken Ganesha für
unseren Indischen Schrank zu Hause, einen kleineren für die liebe
Katzenhüterin, zwei Schals, viele Gewürze und Thomas bekommt einen Doti
(den Indischen Wickelrock für Männer). Auch dem Connemara Market statten
wir einen Besuch ab. Es ist ein offener Markt ähnlich wie unsere
Wochenmärkte nur dauerhaft. Abschließend wollen wir ein Thali essen,
aber es wird leider nur bis drei Uhr zubereitet, ist also ein
klassisches Mittagessen. Die Straßen waren viel weniger befahren als vor
zwei Jahren, deshalb kommen wir gut durch und brauchen jeweils nur gut
eine Stunde. Wahrscheinlich war es damals viel voller, weil das Onam
Fest (siehe Reisebericht "Kerala mit Kind und Karre") in vollem Gange
war. Zu diesem Fest kommen Familien und Freunde zusammen, die vielleicht
sonst getrennt wohnen. Die Überholmanöver, die wir beobachten sind
manchmal nicht zum Aushalten, aber Thomas ist voll in seinem Element und
bringt uns wie immer sicher zurück.
Zum Abendessen am Cliff
suchen sich die Jungs jeder einen Fisch aus der Auslage aus, die werden
auf dem Grill zubereitet und schmecken sehr gut. Mein Gemüsecurry war
nicht so der Hit. Ich glaube, dass wir in einem sehr touristischen Laden
gelandet sind, wo sie sich vielleicht nicht trauen, das volle
Gewürzprogramm aufzufahren und der Kellner ist sehr aufdringlich. Beim
Dart spielen gibt es nichts neues. Thomas ist vielleicht nicht der
Champion von Würzburg aber definitiv der von Varkala, obwohl er als
einziger doppelt ausmachen muss. Ich erziele als einzige Frau immerhin
einmal den dritten Platz.
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