Ein
neuer Tag beginnt und schon befinden wir uns in einem neuen Land – Uruguay.
Der Name ist indianischen Ursprungs und bedeutet „der Ort mit den bunten
Vögeln“. Welch malerischer Name für ein Land! Es ist herrlich morgens
aufzustehen, als erstes die Balkontür zu öffnen und vom Rauschen der Wellen
begrüßt zu werden und in einiger Entfernung sieht man das Festland. Wir nehmen
unser erstes Frühstück an Bord ein, welches in Form eines reichhaltigen und
vielfältigen Buffets angeboten wird. Dies kann man wahlweise im Innenbereich
oder im Freien auf der Terrasse einschließlich der schönen Aussicht genießen.
Um
neun treffen wir uns für unseren Tagesausflug auf Deck drei, wo wir von
den Tenderbooten an den Hafen von Punta
del Este gebracht werden. Das Schiff liegt relativ weit draußen vor Anker,
deshalb dauert die Fahrt knapp zwanzig Minuten. Am Hafen präsentiert sich uns
eine große Anzahl von dicht aneinander gedrängten Jachten. Die Möwen fliegen zu
Hauf über unsere Köpfe hinweg, dümpeln auf dem Wasser oder setzen sich auf die
Überdachung des Steges unter dem wir stehen, so dass man aufpassen muss, nicht
von ihren Ausscheidungen getroffen zu werden. Ein Fischerboot verkauft seinen
Fang direkt am Kai auf einfachen Holzgestellen, während ein paar Robben auf
weggeworfene Fischabfälle hoffen.
Der
Badeort Punta del Este liegt am äußersten Ende der Mündung des Rio de la Plata
teilweise auf einer Halbinsel, an deren imaginärer Verlängerung der vorderen
Inselspitze sich die Trennlinie zwischen Rio de la Plata und Atlantischem Ozean befindet. Durch diese Lage verfügt Punta del Este, das größtenteils von Sandstrand umgeben
ist, über zwei unterschiedliche Küstenabschnitte. Auf der südwestlichen Seite
am Ufer des Rio de la Plata ist der so genannte Playa Mansa gelegen, während
an der Atlantikküste im Osten der Playa Brava zu finden ist, an dem deutlich
rauerer Seegang und Brandung herrschen. Das Erscheinungsbild der Stadt wird an
der Küste durch Hochhausbauten, in der Regel Hotels und Appartementhäuser,
dominiert.
Unmittelbar
hinter der Küstenstraße liegen viele Villen in einer Parklandschaft. Um die
Halbinsel, in deren vorderem Teil keine Hochhausbauten vorhanden und
zugelassen sind, führt eine Uferstraße. Diese dient während der abendlichen
Sonnenuntergänge regelmäßig der Bevölkerung als Treffpunkt, um dieses
Naturschauspiel zu beobachten. Wahrzeichen von Punta del Este sind „Los Dedos“
(die Finger), eine circa fünf Meter breite und drei Meter hohe Steinskulptur in
Form einer Hand, die an einem der Strände aus dem Sand emporragt.
Bereits
nach kurzer Fahrt halten wir an einem Aussichtspunkt an, wo sich lebensgroße
Meerjungfrauen auf den Felsen räkeln oder stehen. Natürlich werden sie als
Fotomotiv gern genutzt, denn genau hier treffen sich der Atlantik und der Rio
de la Plata.
Von
hier bis Montevideo – unserem eigentlichen Ausflugsziel – sind es 140 km, das
bedeutet, dass uns eine relativ lange Busfahrt bevorsteht. Wer jedoch
beabsichtigt hatte, diese Zeit vielleicht für ein kurzes Nickerchen zu nutzen
oder einfach nur in stiller Versenkung die Landschaft zu betrachten, sieht sich
jäh getäuscht. Der Grund dafür ist der realsatirische und nur von kurzen Pausen
unterbrochene Redeschwall unserer schrägen aber in ihrer Art dennoch originellen
Ausflugsbegleitung Margaret. Eingebettet in die informativen Ausführungen über
Land und Leute, erfahren wir bis ins Detail ihre Lebensgeschichte, garniert mit
großartigen Weisheiten wie „braunes Fett ist schönes Fett“, die wir so gar
nicht wissen wollten.
Wer
es schafft, sich dennoch auf die Landschaft zu konzentrieren, sieht eine nur
geringfügig besiedelte karge Landschaft, hin und wieder Felder, auf denen Soja
angebaut wird und kleine Rinderherden. Über weite Strecken wird das Land
überhaupt nicht landwirtschaftlich genutzt. Wir fahren vorbei an der höchsten
Erhebung des Landes, dem Cerro Catedral, der es gerade mal auf eine Höhe von
514 Meter bringt. Insgesamt ist das Land sehr flach, nur zehn Prozent der
Landesfläche liegen höher als 200 Meter über dem Meeresspiegel. Von den
insgesamt 3,5 Millionen Einwohnern Uruguays leben 92 Prozent in Städten.
Nach
einer zirka zweistündigen Fahrt erreichen wir die Hauptstadt Uruguays. Montevideo liegt
am Mündungstrichter des Rio de la Plata, zählt rund 1,3 Mio. Einwohner
und ist das wirtschaftliche, administrative und kulturelle Zentrum des Landes. Die
Stadt zählt zu den zehn sichersten Städten Lateinamerikas und ist zudem nach
einer Studie die Südamerikanische Stadt mit der höchsten Lebensqualität.
Mitten
im Zentrum am Plaza Independencia steigen wir aus. Um
diesen Platz der Unabhängigkeit sind zahlreiche historische und prägende
Bauwerke Montevideos angesiedelt. Im Westen steht als letztes Überbleibsel der
alten Stadtmauer das isoliert stehende Stadttor die Puerta de la Ciudela und eröffnet den Weg in die Fußgängerzone der Calle Sarandi und somit in die eigentliche Altstadt. Die Südseite
der Plaza flankieren der Päsidentensitz Torre Ejecutiva und der vormalige Regierungssitz Palazio Estévez, während im Norden beispielsweise das Radisson Montevideo Victoria Plaza Hotel
gelegen ist. Am Ostrand des Platzes geben südlich der Palacio Salvo und nördlich der Palacio Rinaldi den Blick in die Avenida 18 de Julio frei.
In der Mitte des teils mit Palmen bepflanzten Platzes befindet
sich seit 1924 eine die Plaza überragende 17 Meter hohe und 30 Tonnen schwere Statue,
die den uruguayischen Nationalhelden José Gervasio Artigas als Reiter in östliche Richtung reitend zeigt. Dieses Monument trohnt über
dem unter der Erdoberfläche gelegenen Artigas Mausoleum, in dem sich, bewacht von zwei Soldaten, die sterblichen
Überreste des Wegbereiters der uruguayischen Unabhängigkeit befinden.
Durch den Rest der Stadtmauer gehen wir in die Altstadt hinein,
werfen einen Blick in eine monumentale Buchhandlung, die reich verziert ist im
Art Deco Stil, laufen durch verschiedene Straßen und gelangen schließlich zum
Restaurant vis a vis der alten Markthalle, in dem wir unser Mittagessen zu uns
nehmen werden. Es gibt wahlweise Fisch oder Fleisch mit Salat, Pommes und Reis
sowie einen herrlich kalten und cremigen Kuchen und zum Abschluss ein Gläschen
Sekt.
Auch hier werden wir von Tänzern unterhalten. Zuerst in rot und
schwarz, dann sind die Männer gekleidet wie Gauchos und die Kleider der Frauen
sind farblich darauf abgestimmt. Während der Vorführung, werden Holzkugeln, die
an den Enden von Schnüren befestigt sind, als Begleitung zum Gestampfe der
Stiefel, das entfernt an Stepptanz erinnert, auf den Holzboden geknallt. Die
Haltung der Tänzer strahlt Leidenschaft und beherrschten Stolz gleichzeitig aus
und wir fühlen uns aufs Beste unterhalten.
Bevor wir die lange Rückfahrt antreten, können wir noch einen
Blick in die alte Markthalle werfen, in der an mehreren Ständen Fleisch und
Würste gebrutzelt werden, die – hätten wir nicht gerade gegessen – richtig
Appetit machen. Es folgen noch zwei Abstecher zum Palacio Legislativo, den wir
aber nur kurz von außen besichtigen und zu einem Standbild, das einen
Planwagen, mehrere Ochsen und einen Reiter darstellt. Schließlich fahren wir
zurück nach Punta del Este und gehen wieder an Bord unseres Schiffes.
Inzwischen
hat sich auch geklärt, was es mit dem Rumms mitten in der Nacht auf sich hatte.
Jeder hatte etwas bemerkt, die einen mehr die anderen weniger. Bei uns sind nur
die Flaschen im Bad umgefallen, Kurt wusste allerdings zu berichten, dass er
sich zur besagten Zeit auf dem Balkon befand und ein anderes Schiff so nah an
unserem vorbeigefahren ist, dass man es mit ausgestrecktem Arm hätte berühren
können. Diejenigen, die heute den Ausflug nicht mitgemacht haben, wissen zu
berichten, dass im Laufe des Tages eine Ansage des Kapitäns erfolgte, in der
er sich für die Unbill der Nacht entschuldigte. Unbestätigten Angaben zufolge
gab es wohl beinahe einen Zusammenstoß in der Fahrrinne des Rio de la Plata als
sich ein anderes Schiff mit unserem auf Kollisionskurs befand. Das
Ausweichmanöver mit der damit verbundenen Bugwelle hat wohl die heftige
Bewegung der Silver Spirit ausgelöst.
Heute ist der formale Abend während unseres Aufenthaltes, das
heißt Cocktailkleid für die Damen und Anzug für die Herren. Soweit ich weiß,
ließ sich der Kapitän im Restaurant nicht blicken, obwohl für heute das
Captain´s Dinner angesetzt war – vielleicht aus Scham über die Geschehnisse der
letzten Nacht. Wer nicht chic genug im Restaurant Einlass begehrt, wird
gnadenlos abgewiesen. Heute probieren die ersten das Hot Stone Restaurant aus,
das auf Deck neun für eine begrenzte Anzahl von Gästen reserviert werden kann.
Auf dem heißen Stein können Fleischstücke verschiedenster Größe und Ursprungs
oder Meeresgetier selbst zubereitet werden. Das Ergebnis ist überaus köstlich.
Wieder
endet der Abend in der Außenlounge von Deck neun. Diesmal ist fast die gesamte
Mannschaft versammelt. Es geht hoch her mit vielen B 52 und anderen Getränken
nach Wunsch, denn wir haben zwei Geburtstagskinder: Sabine hat heute Geburtstag
und Gebhard feiert rein. Einige unserer Herren erbarmen sich der
Amerikanischen Damen im dankbaren Alter und schieben diese übers Tanzparkett
der Disco. Der Abend endet für einige sehr spät und ich glaube wir haben einen
neuen B 52 Rekord aufgestellt. Frederic erzählt uns am nächsten Tag, dass
unsere Truppe siebzig Stück gekippt hat und fragt nach, ob er für den Abend
schon mal welche vorbereiten soll, was wir aber dankend ablehnen – ich denke
im Sinne aller.
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