Um
halb neun werden unsere Koffer abgeholt und uns bleibt noch ein wenig Zeit,
entweder ein ausgiebiges Frühstück zu genießen oder noch ein letztes Mal die
Hafenpromenade entlang zu schlendern. Nach zwei wunderbar sonnigen Tagen ist
das Wetter heute, wie um uns den Abschied zu erleichtern, sehr unerfreulich.
Der Wind weht hier zwar immer aber wenn der Himmel zugezogen ist, wird es doch
empfindlich kalt, so dass es uns nicht allzu schwer fällt, den wesentlich
höheren Temperaturen von Las Vegas freudig entgegen zu blicken.
Auch
für die Inlandflüge sind die Sicherheitskontrollen sehr gründlich und diesmal
muss ausnahmslos jeder seine Schuhe ausziehen und durch den Scanner schicken.
Wir fliegen mit der United Airlines; zunächst über schneebedeckte Berge bis zu
einer landschaftlichen Bruchlinie, wo die hohen Berge abrupt von einer grünen
Ebene abgelöst werden, die dann mit der Zeit in die karge Landschaft Nevadas
übergeht. Las Vegas liegt in einer Ebene, aber in einiger Entfernung sind
Berge zu erkennen. Nach ungefähr eineinhalb Stunden landen wir.
Eine
Ironie der Geschichte ist es, dass Las Vegas – für viele Amerikaner nach wie
vor das größte Sündenbabel auf dem Kontinent – in den 1850er Jahren als fromme
Mormonensiedlung begann: Die Sektengründer dürften sich noch heute im Grab
umdrehen angesichts des Siegeszuges des Glücksspiels in dieser Stadt. Doch
Las Vegas (spanisch: „die Wiesen“) entwickelte sich erst in den 1930er Jahren
zu der weltberühmten Spielhölle. Damals legalisierte Nevada als einziger
Bundesstaat das Glücksspiel. Der Zufall wollte es, dass fast gleichzeitig die
Bauten am nahe gelegenen Hoover-Damm begannen. Fast zwangsläufig erlebte die
kleine Siedlung einen Boom, weil Tausende von Bauarbeitern schließlich irgendwo
ihr Geld lassen wollten.
In
den letzten Jahren hat die Stadt ihr Gesicht und ihren Charakter verändert.
Früher ausschließlich ein Glücksspielparadies, lockt die Stadt heute mit einer
extravaganten Hotellerie, grandiosen Themencasinos, Kunstmuseen, Restaurants,
ausgeflippten Nachtclubs und Shows mit den berühmtesten Entertainern der Welt.
Schon
auf dem Weg zum Gepäckband sieht man die allgegenwärtigen Glücksspielautomaten
in einer Fülle, dass man das Gefühl hat, bereits ein Casino betreten zu haben.
Unser Bus fährt uns zum Hotel Mandarin Oriental, das direkt am Strip von Las
Vegas liegt. Dabei fahren wir auch am Hofbräuhaus vorbei und sehen schon die
ersten kostümierten Gestalten, die sich beispielsweise als Darth Vader verkleidet
in Begleitung von R2 D2 ihre Brötchen verdienen. Köstlich die Frage von Mausi:
„Wer sind denn die schwarzen Männer?“
Spielautomaten am Flughafen
Das
Hotel ist sehr neu und modern und verfügt über 23 Stockwerke. In einem riesigen
Saal werden wir empfangen mit Häppchen und Getränken und erhalten eine kurze
Einweisung. Von unserem Zimmer im 17. Stock hat man einen Ausblick auf all die
anderen Hotels und Casinos, die sich wie Perlen auf einer Schnur auf dem Strip
aneinander reihen. Mischt man sich unter die Menschen auf der Straße, bemerkt
man ein sehr bunt gemischtes Völkchen: von hochhackig chic bis leger in
Badelatschen und Unterhemd aus aller Herren Länder. Diejenigen, die shoppen
wollen, sondieren auf diesem ersten Erkundungsgang das Angebot in den
Geschäften.
Am
frühen Abend bringt uns der Bus zu einer höchst interessanten Location. Es
handelt sich dabei um den Stratosphere Tower, den mit 350m höchsten Turm hier
in Las Vegas. In seiner Bauart erinnert er ein wenig an den Fernsehturm in
Berlin und auch hier kann man in der nach oben ufoartig verbreiterten
Bekrönung Restaurants, Bars und die Aussichtsplattformen besuchen. Auf der
obersten Plattform in 280m Höhe wird es richtig aufregend. Hier gibt es
verschiedene Fahrgeschäfte wie beispielsweise den X-Scream, in der acht
Personen über die Plattformkante gefahren werden und zwischen Himmel und Erde
zum Stehen kommen. Von der gesamten massa-Truppe sind nur Phillip und ich
verrückt genug, in das Ding einzusteigen – war gar nicht so schlimm.
Für
uns wurde ein Séparée reserviert, wo wir mit einer tollen Aussicht auf Las
Vegas unser Dinner in vier Gängen genießen. Mit der beginnenden Dämmerung
gehen nach und nach die Lichter der Hotels, Casinos und Boulevards an, bis die
ganze Ebene vor uns bei Anbruch der Nacht in ein buntes Lichtermeer getaucht
ist. Passend zu Las Vegas wurde am heutigen Abend eine kleine Showeinlage für
uns gebucht. Zwischen zwei Gängen taucht ein Elvis-Imitator auf und rockt das
Haus. Er macht eine richtig gute Show und wenn der kümmerliche Ghettoblaster
des Restaurants mehr Power gehabt hätte, wäre es perfekt gewesen. Auf jeden
Fall hatten wir eine Menge Spaß.
Weil
die Nacht noch lang ist, machen wir uns auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Um
einen Eindruck vom alten Las Vegas zu bekommen, fahren wir nach Downtown. Hier
stehen die „klassischen“, nostalgisch anmutenden Casinos und Leuchtreklamen
wie der grüßende Neon-Cowboy, der in unzähligen Hollywood-Produktionen als Markenzeichen
von Las Vegas vorkommt. Anfang der 90er Jahre galt Downtown in der Konkurrenz
zu dem modernen Strip mit seinen Hotelpalästen als Verlierer um die Gunst der
Gäste. Inzwischen wurde viel Geld in die Revitalisierung und Modernisierung
von Downtown investiert. Insbesondere die Fremont Street, die jetzt über fünf
Blocks futuristisch überdacht ist hat dazu beigetragen. In die Decke der
Überdachung wurden 2,1 Millionen LEDs eingebaut und zu jeder vollen Stunde gibt
es hier eine von Musik untermalte Lichtshow. Wir sehen einen Zusammenschnitt der
Band Queen. Die Show und die Atmosphäre, die während der Vorführung
entsteht, sind überwältigend. Am Ende
steht man ganz ergriffen da.
Die Lightshow
Im
Anschluss daran besuchen wir zwei von Bernd ausgesuchte Casinohotels. Das erste
ist das Venetian Resort. Ob Dogen-Palast oder Rialto-Brücke, Markusplatz oder
Canale Grande – alles wurde perfekt nachgebaut und man kann sogar auf
romantische Gondelfahrt gehen. Überspannt von einem künstlichen Wolkenhimmel,
geschmückt mit Statuen, Wand- sowie Deckengemälden ist besonders die
Shoppingmall ein Highlight. Für diejenigen, denen angesichts dieser Pracht die
Luft wegbleibt, gibt es sogar eine Sauerstoffbar.
Im Venetian Resort
Als
letzter gemeinsamer Programmpunkt für heute steht der Besuch des Bellagio an.
Dieses Hotel ist in Sachen Eleganz ein Highlight unter den Hotels. Allein die
luxuriöse Empfangshalle und die selbstverständlich aus echten Blumen
hergestellte Dekoration sind sehenswert, ebenso der kleine überdachte
Botanische Garten mit über dem riesige Schmetterlinge aus Stoff schweben.
Ströme von Menschen sind hier in der Lobby und dem Casino unterwegs, in
Gruppen oder einzeln, jung und alt, seriös und schrill aus aller Herren Länder
und von den Spielautomaten tönen ausgelassene Stimmen zu uns herüber. Den
krönenden Abschluss dieses gelungenen Abends bildet die computergesteuerte
Wassershow auf dem künstlich angelegten See vor dem Hotel. Begleitet von synchron
geschalteten Lichtern und Musik schießen die Wasserfontänen bis zu 75 Meter
hoch. Mit dem Hintergrund aus bunten Lichtern und dem strahlenden Eiffelturm,
ist auch dies wieder ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergessen wird.
Licht- und Wassershow vom Bellagio
Im Bellagio
Der
Rest der Nacht wird individuell ausgenutzt. Manche versuchen ihr Glück beim
Spiel – andere vielleicht in der Liebe.
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