Heute war der Weg das Ziel bzw. die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Wir beginnen mit der Bummelbahn in Panadura. Es gibt ausschließlich Waggons dritter Klasse aber die Sitze sind mit Plastik gepolstert und an den Decken sind kleine Ventilatoren in Betrieb und alles ist überraschend sauber. Wir bezahlen bis Colombo 180Rp, das sind nicht mal zwei Euro. Die Türen lassen sich nicht verschließen, so dass man sich während der Fahrt heraushängen kann, was ich natürlich einmal ausprobiere. Nico steckt auch mal seinen Kopf heraus, während ich ihn festhalte, aber der Fahrtwind ist ihm zu stark, so dass er die Augen zukneifen muss. Wir fahren am Meer entlang, wo die Häuser und Hütten zum Teil so nah an den Gleisen stehen, dass man den Leuten direkt ins Wohnzimmer sehen kann. Leider sind die Strände auf der gesamten Strecke zugemüllt. Wir sehen Leute, die ohne ein Dach über dem Kopf am Strand zu wohnen scheinen, viele Gräber derjenigen, die bei dem großen Tsunami zu Tode gekommen sind und als wir die Stadt fast erreicht haben, fahren wir an Militärcamps vorbei. Inzwischen müssen wir feststellen, dass ein dreister Dieb Thomas´ Fototasche geklaut hat, die er neben sich abgelegt hatte, ohne dass wir es bemerkt haben. Der wird sich schön ärgern, wenn er feststellt, dass sie leer ist.
Man kan den Menschen in die Häuser schauen
Hauptbahnhof Colombo
Wir erreichen nach
einer knappen Stunde Fahrt den Hauptbahnhof von Colombo, wo wir, um nach
Negombo zu gelangen, umsteigen müssen. Unser Zug fährt aber erst in 45
Minuten, also gehen wir zunächst aus dem Bahnhof hinaus, um Getränke für
die Weiterfahrt zu kaufen und sehen uns auch gleich die Verkaufsstände,
die in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs stehen, an. Auch hier gibt es
überhaupt nichts, was wir haben wollen, also kaufen wir unsere Tickets,
die ein Mann hinter dem Eingang gelangweilt abknipst. Die Fahrscheine
sind dick wie Pappkartons und Nicos wurde in der Mitte durchgerissen, um
ihn als Kinderfahrschein kenntlich zu machen. Unser Zug sieht von innen
eher aus wie eine U-Bahn, bei der die Sitzreihen sich an der Längsseite
des Waggons gegenüber liegen. Wir werden natürlich wieder neugierig
beäugt aber auch freundlich angelächelt.
Jetzt wird es richtig
interessant. Kaum verlassen wir das Bahnhofsgebäude, versucht ein Mann
sich von den Gleisen aus in den Waggon zu schwingen, dessen Türen
selbstverständlich auch hier offen stehen. Ich sehe ihn kurze Zeit
nebenher flitzen, dann aber scheint er das Trittbrett zu verfehlen und
verschwindet plötzlich wieder aus meinem Blickfeld. Gleich ab der
nächsten Station, die nicht lange auf sich warten lässt, steigen die
verschiedensten Verkäufer und Bettler ein, die mit ihrem monotonen
Singsang im Waggon ihre Runden drehen. Verkauft werden Äpfel,
undefinierbares Essen, bunte Kinderhefte und Lotterielose. An der
nächsten Station setzen sich zwei müffelnde in schwarz gekleidete Frauen
neben mich und ich bin froh, dass wenigstens während der Fahrt durch
die geöffneten Türen und Fenster der Geruch von mir weggeweht wird.
Nicht so an den Bahnhöfen, an denen wir halten, da muss ich den Gestank
ertragen.
Als nächstes rutscht ein bemitleidenswerter Bettler mit seinem
Plastikbecher klappernd auf dem Boden an uns vorbei. Viele Leute geben
ih Geld, so auch wir. Ein anderer Mann verkauft irgendetwas Getrocknetes, vielleicht
Pilze und noch einer bietet Heftchen mit Tierbildern an. Es folgt eine
Bettlerin mit zwei Kindern im Schlepptau die nach ihrer Litanei zu
singen anfängt. Irgendwann steigen die zwei Müffelnden endlich aus. Ein
Herr, der sich auf deren Platz setzt, fegt vorher die Bank gewissenhaft
sauber. Es folgt ein Sänger mit Gitarre, der voller Inbrunst und
ziemlich ausdauernd seine Lieder zum Besten gibt und gleichzeitig
versucht ein anderer mit einer sonderbar klingenden Stimme "Ulladre"
rufend Popcorn zu verkaufen und ein weiterer sein Knabberzeug an den
Mann zu bringen.
Als letztes kommt ein Mann, der sich an den
Anfang des Waggons stellt und lautstark vor sich hin deklamiert. Sein
einer Arm hängt in einer Schlinge, in der anderen Hand hält er ein
Papier, mit dem er vor sich hin fuchtelt. Weil das eine ganze Weile so
geht und die Leute, die uns gegenüber sitzen auch recht interessiert
zuhören, halte ich ihn für einen Politischen. Aber schließlich geht er
doch noch durch den Gang, zeigt uns sein offenes schwärendes Bein und
sammelt mit dem Papier das Geld ein, das die Leute spenden.
Negombo
Nach
eineinhalb Stunden erreichen wir Negombo und erkundigen uns gleich
danach, wann ein Zug zurück nach Colombo fährt. Das wäre allerdings erst
in fünf Stunden, also kaufen wir zunächst keine Rückfahrttickets. Wir
gehen einige Zeit das, was uns nach Hauptstraße aussieht, entlang und
wollen dann mit dem Tuk Tuk zum Beach wie wir sagen. Der Fahrer versteht
uns falsch und bringt uns zum Beach Hotel. Dann weiß er, was wir meinen
und bringt uns an eine Stelle des Strandes, wo rein gar nichts ist.
Also sagen wir, dass wir etwas essen wollen, und wir halten an einem
Restaurant, das sogar in meinem Reiseführer erwähnt wird. Das Ahumwalla
ist ganz neu renoviert und wurde erst zum Jahresanfang wieder eröffnet.
Die Wände sind mit dem Lob und den Empfehlungen der Gäste, die bereits
hier waren, voll geschrieben.
Das Essen ist auch wirklich ganz
gut, nur Thomas´ Pfeffersteak ist ziemlich zäh. Nico ist mit seiner
Pizza sehr zufrieden. Der Kellner ist sehr gesellig - wahrscheinlich
langweilt er sich, weil außer uns keine weitern Gäste da sind - und
fragt uns ein wenig aus. Mit der Rechnung kommt der Stift, mit dem sich
Nico an der Wand verewigen darf. Er schreibt: "Die hier machen die
zweitbeste Pizza nach meinem Papa".
Mit dem Tuk Tuk fahren wir zum
Busbahnhof und haben Glück, kaum dass wir einsteigen, fährt unser
kleiner Expressbus mit Klimaanlage nach Colombo schon los. Wir haben
ordentliche Sitzplätze bekommen; die später Zugestiegenen müssen mit den
Notsitzen, die in den Gang geklappt werden, Vorlieb nehmen. Die eine
Hälfte der Mitreisenden schläft, bei der anderen Hälfte bimmelt
pausenlos irgendein Handy. Kurz vor Colombo werden wir vom Militär
angehalten und alle Fahrgäste müssen zur Passkontrolle aussteigen; nur
wir sollen sitzen bleiben. Ein Soldat, bewaffnet mit einem
Maschinengewehr, geht durch den Bus und kontrolliert die Sitze. Als er
zwei herrenlose Rucksäcke entdeckt, gibt es ein wenig Aufregung. Ein
verschüchterter Jüngling taucht auf, und muss dem Soldaten den Inhalt
vorzeigen. Dann dürfen alle wieder einsteigen und die Fahrt geht weiter
bis zum Busbahnhof in Colombo. Der freundliche Busfahrer zeigt uns wo
die öffentliche Toillette ist und bemerkt noch, dass es "not nice" ist.
Den
Rest der Strecke bis nach Panadura, wollen wir mit dem Henkerbus
fahren, der in unmittelbarer Nähe schon bereit steht. Ein dicker Mann,
der sieht, wie Thomas von uns im Bus Fotos macht, möchte auch von ihm
fotografiert werden. Er scheucht kurzerhand die anderen herbei
gelaufenen, die auch noch mit aufs Bild wollen, weg. Als wir einsteigen,
sind wir die einzigen Fahrgäste und der Bus fährt auch gleich los. Wir
fahren durch die Hauptstadt und mit der Zeit füllt sich der Bus, bis
auch noch der letzte Stehplatz besetzt ist. Die Frau, die neben Thomas
sitzt - auch hier pennt gleich wieder die Hälfte der Leute - fährt die
ganze Zeit im Halbschlaf Kopfkarussell. Nico sitzt am Fenster und sieht
raus. Immer wenn Leute ihn sehen, lächeln sie ihn an, manche winken
auch. Der Fahrer hat lustige Musik eingeschaltet und die gesamte
Windschutzscheibe ist mit Schutzgöttern und Plastikblümchen verziert. So
gelangen wir - natürlich begleitet von wildem Gehupe - bis nach
Panadura, wo wir in unser am Bahnhof geparktes Auto steigen und ins
Hotel fahren.
Es ist schon dunkel und durch den Garten sieht man,
wie der Himmel seine letzten Farben zeigt und die Palmen in ein warmes
Licht taucht.
Der Bahnhof von Panadura
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