Im Frühstücksraum rückt uns erneut der leicht aufdringliche Manager
Mohinder auf die Pelle, tätschelt wieder an Thomas rum und fordert uns
auf, so wie er es bereits gestern getan hat, auf jeden Fall auf
Tripadvisor eine gute Bewertung für das Hotel abzugeben. Jaaaa doch! Das
hatten wir gestern schon zugesagt. Danach Koffer packen, auschecken und
ins Taxi zum Flughafen. In diese Richtung ist die Strecke relativ frei,
deshalb dauert die Fahrt nur knapp eine Stunde. Der junge Taxifahrer
möchte gern mit Thomas Konversation machen, entschuldigt sich
zwischendurch für sein schlechtes Englisch und wirkt schließlich völlig
verstört, als Thomas ihn fragt, warum in Indien ständig gehupt wird.
Die
erste unangenehme Überraschung erleben wir beim Check In, wo uns
mitgeteilt wird, dass unser Travel Agent verpennt hat dafür zu sorgen,
dass wir nicht auf die bei Inlandsflügen erlaubten 15 kg pro Gepäckstück
beschränkt sind. Wir haben dadurch 15kg Übergepäck und müssen dafür
bezahlen. Zum Glück hat die Air India einen günstigeren Tarif als die
anderen internationalen Fluggesellschaften, so dass wir mit umgerechnet
50 Euro relativ glimpflich davon kommen. Desweiteren wurde versäumt,
unsere Sitzplätze zu reservieren. Zunächst heißt es, dass wir jeder in
einer anderen Reihe sitzen. Dann können immerhin zwei von uns zusammen
sitzen. Das hat man nun davon, wenn man ein Reisebüro beauftragt, dessen
Besitzer, den wir persönlich kennen, uns erklärt hatte, dass das viele
Vorteile hätte. Wenn ich alles selbst gemacht habe, hat immer alles
geklappt.
Bevor wir zum Durchleuchten dürfen, werden wir wieder
zurück geschickt, weil wir Schildchen für unser Handepäck brauchen. Also
wieder zum Schalter, Schildchen geholt und ausgefüllt und wieder
zurück. Beim Sicherheitscheck wird uns unser einziges Feuerzeug
abgenommen, die fast volle Colaflasche in meiner Handtasche interessiert
hingegen niemanden?!?!?!? Nächste Überraschung: das angegebene Gate auf
unseren Boarding Karten ist falsch, dort geht es nach Lucknow. Als wir
schließlich am richtigen Gate sitzen, wird Thomas' Name aufgerufen, dass
er sich am Boarding Schalter melden soll. Wir also hin. Sie scheinen
beim Durchleuchten unserer Koffer irgendetwas gefunden zu haben, das
ihnen nicht gefällt. Also soll Thomas mitgehen, um im Beisein des
Sicherheitspersonals den Koffer zu öffnen. Das einzige, was uns
einfällt, was problematisch sein könnte, ist das Tränengas.
Wer
nun glaubt, dass wir dadurch vielleicht unseren Flug verpassen, denn
immerhin ist es nur noch eine halbe Stunde bis zur geplanten Abflugzeit,
der irrt. Denn - aller schlechten Dinge sind drei, oder bin ich schon
bei vier? - unsere Maschine hat über eine Stunde Verspätung. Thomas wird
runter in den Keller geleitet, wobei er zweimal durch den
Sicherheitscheck muss. Er wird gefragt, ob sich Feuerwerkskörper im
Koffer befinden??? Aber es sind - Trommelwirbel - die sieben Sätze
Dartpfeile. Um der Sache noch etwas Lustiges abzugewinnen, behauptet
Thomas, er sei der Dart-Champion von Würzburg, und stattet unsere
Freunde in Varkala damit aus, um sie in Darts zu instruieren. Das
beeindruckt und alles ist gut. Tatsächlich brauchen wir die Pfeile
natürlich nicht alle für uns, sondern sie sind unsere Gastgeschenke
zusätzlich zu der fetten Dartscheibe, die wir am Ende des Urlaubs dort
lassen werden.
Die Inder scheinen Weltmeister für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen am
Flughafen zu sein. Für jede Kontrolle gibt es auch noch eine
Zusatzkontrolle. Direkt nach dem Vorzeigen der Bordkarten gibt es eine
weitere Kontrolle, ob der Name auf der Bordkarte mit dem auf dem Zettel
am Handgepäck übereinstimmt. Vor dem Zugang zum Flugzeug stehen erneut
sieben!!!! Leute, um einweiteres Mal die Bordkarten zu überprüfen und
Leibesvisitationen durchzuführen. Die Bordkarten werden hier zum dritten
Mal und zwar von stehendem Personal abgestempelt. Eine Frau hat den
Job, dafür das Stempelkissen neben der Stemplerin zu halten. Es ist
unglaublich. Dann heben wir endlich mit eineinhalb Stunden Verspätung
ab, aber gleichzeitig beginnt ein lautes Dröhnen und ich befürchte
schon, dass das den ganzen Flug andauert. Es wird zum Glück aber etwas
leiser. Gleich eine halbe Stunde nach Abflug wird das Essen serviert.
Nico und ich sitzen in der ersten Reihe, bei Thomas in der neunten Reihe
ist bereits das Huhn alle und es gibt nur noch Vegetarisch. Man hat das
Gefühl, dass die mürrischen Stewardessen so schnell wie möglich alles
hinter sich bringen wollen, um nichts mehr mit den lästigen Passagieren
zu tun haben zu müssen. Obwohl es hellichter Tag ist, werden die
Sichtblenden an den Fenstern alle runter geschoben und die Stewardessen
machen es sich in ihrem Bereich gemütlich. Eine Reihe hinter uns
schnarcht einer so laut, wie ich es noch nie in meinem Leben gehört
habe. Sogar der Inder neben mir sieht sich ganz empört um.
Um halb
sieben landen wir und sind zunächst erfreut über das Indische
Organisationsgeschick, denn vor dem Flughafen wartet ein Mann in weißer
Uniform auf uns. Allein wir haben uns zu früh gefreut, denn er stellt
sich als unser Fahrer! vor, der uns für die gesamten 12 Tage begleiten
wird. "Hääääääääh? Alles nur das nicht! Das mit dem selbst fahren ist
wohl nicht angekommen bei der Buchung. Dreist behauptet er auch noch,
das ginge gar nicht in Kerala, was so nicht stimmt. Da wir aber
zunächst keine andere Wahl haben, müssen wir uns wohl oder übel von ihm
nach Varkala fahren lassen. Es ist die Höchststrafe! Zunächst tuckert er
mit Uroppageschwindigkeit los und wir brauchen allein um Cochin zu
verlassen ganze zwei Stunden! Je länger wir unterwegs sind, desto
schlimmer fährt der Mann. Er bleibt beim Überholen viel zu lange auf der
Gegenfahrbahn und gibt dabei nicht richtig Gas. Der Scheibenwischer
bleibt drei Stunden lang im Dauerbetrieb, obwohl es schon längst nicht
mehr regnet. Als er in aller Seelenruhe auf der Gegenfahrbahn auf
Kollisionskurs mit einem LKW bleibt, greift Thomas ihm beherzt ins
Lenkrad und zieht das Auto zurück nach links. Und anstatt auf die Straße
zu achten, sieht er Thomas ganz erstaunt an. Wahrscheinlich hatte er
Sekundenschlaf.
Das war dann des Guten zu viel. Ich weigere mich
vehement auch nur einen Meter weiter mit diesem Irren zu fahren und
bestehe darauf, dass Thomas fährt. Es dauert eine Weile bis der Fahrer
das einsieht, aber schließlich kapituliert er und setzt sich kleinlaut
auf den Beifahrersitz und Thomas übernimmt das Steuer. Das ist ihm
bestimmt in seiner gesamten Karriere noch nie passiert und ganz sicher
fühlt er sich in seiner Berufsehre zutiefst gekränkt, aber das ist uns
sowas von Wurscht! Endlich fühle ich mich sicher und nach geschlagenen
fünf Stunden!!! für 190 Kilometer!!! sind wir endlich am Deshadan. Shah
der Nachtwächter erwartet uns und weckt Sajin auf. Es ist eine herzlich
Begrüßung und selten war ich so froh, unser Ziel erreicht zu haben. Der
Fahrer verabschiedet sich zum Schlafen im Auto - das hätte er mal vorher
machen sollen - und wir verbringen noch einige Zeit plaudernd auf der
Terrasse.
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