Um die Stimmung des Abends einmal am Strand von Varkala erleben zu
können, fahren wir zum Helipad und laufen von dort aus das letzte Stück
runter. Auch hier reihen sich die Buden mit den immer gleichen Waren
aneinander und bedauernswerte Kinder versuchen uns mit ihrem Mitleid
erregenden Singsang zum Kauf der Waren zu animieren. Bei einem Stand
fällt mir ein sehr schönes kleines Tuch mit einem Ganesha auf, das
geschmückt mit güldenen Glitzerpailletten aus dem tristen Einerlei des
üblichen Angebots heraussticht. Auf dem Rückweg wollen wir hier nochmal
reinschauen. Am Strand gibt es ein hässliches mehrstöckiges Hotel und
zwei Restaurants mit den auf Holzpfählen gebauten Sitzbereichen. Am
Wasser tummeln sich fast nur indische Familien, die mit den Wellen
spielen und ihren Spaß haben. Weil die Dämmerung bereits eingesetzt hat,
erleuchten riesige Strahler den Strand. Es herrscht eine angenehme und
ruhige Atmosphäre, die Wellen donnern lautstark und die Menschen lassen
sich von ihnen jagen; wohl behütet vom Pfeifenmann, der in seiner
hellblauen Uniform jeden zurücktrillert, der sich zu weit ins Wasser
wagt.
In das vom Strand aus links gelegene Restaurant kehren wir
dann ein. Auch hier ist die tibetische Küche, wie überall am Varkala
Beach sehr präsent. Der Tandoori-Ofen gleich am Eingang verspricht gutes
Essen und alles ist mit bunten Lämpchen dekoriert. Der Holzboden
vibriert, wenn man sich zu den Tischen begibt und kaum haben wir unsere
Bestellung abgegeben, gibt es einen Stromausfall, so dass nun die
kleinen mit Kerzen bestückten Tischlämpchen eine heimelige Atmosphäre
verbreiten. Auch hier ist das Essen sehr gut. Mit dem Haryali-Lamm,
sehr grün durch Minze und Spinat, dem Auberginen-Massala und Rahmkäse in
Buttersauce sind wir sehr zufrieden.
Obwohl hier unten im Süden kaum Christen leben, merkt man, wenn es
Sonntag ist. Die Läden haben schon am Nachmittag geschlossen und die
Menschen putzen sich fein heraus zum Spaziergang am Cliff.
Heute ist nicht nur Sonntag, sondern auch ein moslemischer Feiertag.
Die Böllerei hat massiv zugenommen, vor allem am Abend geht es hoch her.
Endlich verspricht der Himmel zur Abwechslung einen schönen
Sonnenuntergang, also begeben wir uns hinunter zum Varkala Beach. Da ist
die Hölle los. Sämtliche Flanier-Inder und noch viele mehr haben sich
für das Himmelsschauspiel und zum vergnüglichen Spiel mit dem Wasser
eingefunden. Eine bunte Masse wogt über den Strand und es ist die
reinste Augenweide, die farbenfrohen Saris in allen möglichen
Zusammenstellungen im Abendlicht leuchten zu sehen. Alle haben gute
Laune, stehen in Grüppchen plaudernd beieinander oder bis zu den Knien
im Wasser. Es wird viel gelacht und oft verstohlen zu uns herüber
geschaut. Zu dieser Jahreszeit gibt es kaum Touristen in Kerala und auch
hier sind wir heute fast die einzigen.
Der Life Guard in seiner schmucken blauen Uniform pfeift hin und
wieder die Leute zurück, die zu tief ins Wasser gehen, denn die Strömung
ist nicht zu unterschätzen und die Durchschnittsinder scheinen keine
guten Schwimmer zu sein. Dann können wir tatsächlich einen wunderschönen
Sonnenuntergang genießen, der die ganze Szenerie in ein goldenes Licht
taucht bis hin zur Dämmerung, als die Sonne verschwunden ist. Die
Stimmung ist ausgelassen aber friedlich.
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